Urenkel-Treffen unserer Luftschiff-Pioniere

Wenn das der Papi wüsste!
Urenkel-Treffen unserer Luftschiff-Pioniere

Unter den 73 „Anmeldungen für die Interessengruppe für Luftschiff Baumgarten“ finden sich zwei ganz besondere: Am 26.7.1929 schrieb sich Georg Baumgarten ein, Oberingenieur in Dresden, und am 1.10. noch ein Georg Baumgarten, Künstler in München. Das waren Sohn und Enkel unseres Fliegenden Oberförsters. Diese Interessengruppe begründete einst die Baumgarten-Forschung in Grüna; bald erweiterte sie ihr Tätigkeitsfeld und nannte sich ab Ende 1930 „Verein für Ortsgeschichte Grüna“. Damals jüngstes Mitglied war der Buchbinder Carl May, der über Jahrzehnte für die Heimatforschung Grünas Unschätzbares geleistet und hinterlassen hat.

Ein Teil der Interessengruppe am 11.5.1930. Sitzend von rechts: Walther Rother (Vorsitzender), Tischler- meister Molch, Obering. Baumgarten, Emil Vieweg, Carl May.

In dieser Tradition steht zu einem guten Teil auch der heutige Heimatverein Grüna e. V., nun sogar mit seiner Mitgliederliste. Denn nach Sohn und Enkel Baumgartens 1929 haben sich jetzt Ur- und Ur-Ur-Enkelin bei uns angemeldet. Wie das?

Eines der letzten großen Rätsel der Baumgarten-Forschung war, warum von seinen zehn (!) Kindern uns nicht ein einziger heutiger Nachkomme bekannt ist. Anders bei Baumgartens Mitstreiter Dr. Hermann Wölfert: Mit dessen Urenkel Günter O. Schulz sind wir schon seit vielen Jahren freundschaftlich verbunden und haben von den Ergebnissen seiner Forschungsarbeit über beide Luftschiffpioniere viel profitiert. Er ist auch Mitautor des „Blauen Buchs“ von 2007.

Doch dann, am 11. März 2022, erhält der Heimatverein eine E-Mail:


Lieber Heimatverein,

Ich habe gerade mit freudigem Herzklopfen die Seite über Ernst-Georg Baumgarten des Heimatvereins Grüna entdeckt und freue mich riesig. Denn ich bin seine Ur-Ur-Enkelin! Meine Mutter hatte mir zwar erzählt, es gäbe ein Museum in Grüna, und sie war vor sehr vielen Jahren auch mal dort, doch ich selbst war noch nicht dort. Vor einigen Jahren habe ich das Buch von Herrn Teichmann gefunden und bestellt und war ganz bewegt, soviel zu lesen über meinen Vorfahren. Mehr als ich aus den Geschichten meines gleichnamigen Großvaters Georg Baumgarten (Der leider früh starb als ich noch klein war) gehört hatte. Mein Großvater Georg (Arzt und Maler) hatte von seinem Großvater, jenem fliegenden Oberförster, ein Gemälde gemalt. Es hängt bei meinen Eltern zuhause und entspricht dem Foto auf ihrer Website. Ich bin sozusagen mit dem Blick in die Augen des Ur-Ur-Großvaters aufgewachsen, habe es mir oft angesehen. Ich hätte großes Interesse, nicht nur nach Grüna in das Museum zu kommen,

Die Urenkel: Eva Weber und Günter O. Schulz

sondern auch Herrn Teichmann mal kennen zu lernen und mich mit dem Kulturverein zu unterhalten. Ich fände es sehr inspirierend, mehr über meinen Vorfahren herauszufinden. So schreibe ich jetzt einfach mal mutig an diese Adresse und freue mich sehr über eine Rückmeldung.

Herzliche Grüße – Dr. Silvia Slazenger, 14469 Potsdam

Die Rückmeldung erfolgte prompt, und nach einigen Vorbereitungen kam es am 21./22. Mai 2022 zu einem denkwürdigen Zusammentreffen der Nachfahren, Verwandten und Freunde beider Luftschiffpioniere: Silvia Slazenger, promovierte Mikrobiologin in verantwortlicher Stellung bei einem großen Pharmaunternehmen, ihre Mutter Eva Weber aus Eching bei München, Günter O. Schulz aus Rottweil, Gerolf und Andrea Wölfert aus Bad Salzuflen, und Horst Teichmann aus Ellefeld. Der erste Weg führte ins Industriemuseum Chemnitz, wo Baumgarten/Wölfert seit 2015 eine Vitrine haben.

Eva Weber und Dr. Silvia Slazenger an der Gedenkplatte für ihren Vorfahren am Roten Turm

Weiter ging es zum Roten Turm Chemnitz, wo uns Jörn Richter durch die Ausstellung „Große Chemnitzer“ führte. Einer von ihnen – posthum eingemeindet – ist Georg Baumgarten.

Mit straffem Zeitplan besuchten wir noch das (reparaturbedürftige) Baumgartendenkmal am Stausee Oberrabenstein, bevor wir den ersten Tag im Restaurant Folklorehof ausklingen ließen.

Das hätte unsere Luftschiffer gefreut: Ihre Urenkel Arm in Arm am Baumgarten-Denkmal vor dem Luftfahrt-Spielplatz.

Am Sonntagmorgen hatten unsere Gäste die beste Gelegenheit, die Baumgarten-Ehrung durch den Heimatverein aktiv mitzuerleben: beim Aufbau unseres Show-Luftschiffs zum Ballonfest im Küchwald. Dank an dieser Stelle allen Helfern, die unseren Verein wieder einmal wirkungsvoll präsentierten.

Anschließend führte uns Sebastian Schreiter durch das AWO-Kinderhaus Baumgarten, wo Eva und Silvia in historischem Gemäuer auf den buchstäblichen Spuren ihres Vorfahren wandelten und endlich den langjährigen Baumgarten-Kenner und Buchautor Horst Teichmann kennenlernten.


Nachmittags dann die „Hauptveranstaltung“ in der Gedenkausstellung im Rathaus. Nach einem einleitenden Vortrag über Leben und Sterben unserer Luftschiffpioniere war Gelegenheit für Besichtigungen, Gespräche und ein Zeitungsinterview (siehe „Freie Presse“ vom 31.5.). Dann traten unsere Gäste ihre recht weite Heimreise an.

Wir durften zwei außergewöhnliche, nette, offenherzige und sehr kommunikative Damen kennenlernen, die ihrerseits immer wieder erstaunt waren, an wie vielen Orten und auf welche Weise Georg Baumgarten geehrt wird. "Da wissen Andere ja viel mehr über unseren Vorfahren, als wir selbst!" sagten sie nicht nur ein Mal. Und Eva sagte oft im Gedanken an ihren Vater, Georg III, gerührt: „Wenn das der Papi wüsste!“ Dem wäre sicher hinzuzufügen: „Wenn das der Oberförster wüsste!“

Alle Teilnehmer waren sich einig, fortan in Verbindung zu bleiben und Gedanken, Erkenntnisse und Ideen miteinander auszutauschen.

Fritz Stengel, Heimatverein Grüna e. V.

Dieser Artikel stammt aus dem Ortschaftsanzeiger Grüna / Mittelbach August 2022

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