1960 Das Ernst Friedemann Heim

Das Ernst-Friedemann-Heim in Grüna während der 1960er Jahre als staatliches Feierabend- und Pflegeheim der DDR

Im vergangenen Ortschaftsanzeiger 2/1919 wurde über die Entwicklung des Ernst-Friedemann- Heimes ab Kriegsende 1945 bis in die 1950er Jahre der DDR berichtet. Nachfolgend wird der Beitrag zur Geschichte des Alters- und Pflegeheims fortgesetzt. Zum besseren Verständnis der Entwicklung und des Geschehens sollen zunächst einige grundsätzliche Ausführungen zur Stellung der Feierabend- und Pflegeheime in der DDR gemacht werden.

Nach Beendigung des 2. Weltkrieges wurde mit der Gründung und dem Bestehen der DDR ab 1949 von der Partei und Regierung des Staates eine neue Sozialpolitik eingeleitet. Auch die Fürsorgetätigkeit in Heimen, vor Kriegsende1945 im wesentlichen eine Angelegenheit von Wohlfahrtsverbänden oder kirchlichen Trägern, änderte sich. Die meisten Feierabend- und Pflegeheime in der DDR wurden verstaatlicht. Für den Bau neuer Gebäude waren meistens keine finanziellen Mittel vorhanden. Mit der Verstaatlichung der Heime wurden die Fürsorgeleistungen neu festgelegt und in der Verordnung (VO) über die Fürsorgeleistungen in den staatlichen Feierabend- und Pflegeheimen vom 23. Februar 1956, die zusammen mit weiteren Verordnungen und einer Durchführungsbestimmung am 1. April 1956 in Kraft trat, den Heimen gesetzlich vorgegeben.

Eine weitere Richtlinie vom 5. Dez. 1966 enthielt u.a. neue Aufgaben zur Planungstätigkeit in den Heimen. So musste der Heimleiter eine perspektivische Konzeption zur Entwicklung des Heimes erarbeiten und Vorschläge zum Volkswirtschaftsplan und Staatshaushaltsplan vorgesetzter Organe ausarbeiten, weiterhin auch die allseitige Erfüllung der Pläne kontrollieren und analytisch untersuchen. Die Verwaltungsarbeit des Heimleiters hatte nach der Richtlinie und den Gesetzesdokumenten zu erfolgen. Der Staat nahm damit Einfluss auf die Gestaltung der Arbeit in den staatlichen Feierabend- und Pflegeheimen. Sie war erlassen worden, um eine einheitliche Wirtschaftsführung in den Heimen während der nachfolgenden 60er Jahren zu gewährleisten. Schließlich diente sie auch als Dokument für die Durchführung von Kontrollen übergeordneter Organe!


Ansicht des Hauses von Norden


Ansicht des Hauses von Süden

1952 wurde das Ernst-Friedemann-Heim in Grüna in ein Kreisheim des Landkreises Karl-Marx-Stadt umgewandelt und dem Rat der Gemeinde Grüna zur Verwaltung übergeben. Seit 1.3. 1954 bis Ende der 60er Jahre leitete Herr Fritz Guglielmi das Heim. Er war gegenüber dem Rat der Gemeinde und dem Rat des Kreises rechenschaftspflichtig. Einmal im Monat musste eine Heimbewohnerversammlung durchgeführt werden. In den Versammlungen sollten auch die neuesten politischen Ereignisse sowie wichtigsten Gesetze und Verordnungen erläutert werden. Schon in den 1950er Jahren musste ein Heimausschuss gebildet werden, der von Jahr zu Jahr neu gewählt, die Interessen der Heimbewohner wahrnehmen sollte. In den 1960er Jahren wurde das Ernst-Friedemann Heim in ähnlicher Weise weitergeführt. Man war bestrebt, die Heimplätze weiter zu erhöhen. Dem waren jedoch Grenzen gesetzt, u.a. aufgrund des alten Gebäudes aus dem Ende des vorigen Jahrhunderts. Für einen größeren Neubau standen in den 60er Jahren keine Geldmittel zur Verfügung. Durch Umbauten konnte die Bettenzahl von 114 im Jahre 1953 bis 1961 auf 126 erhöht werden. Das Heim in Grüna war zu dieser Zeit voll ausgelastet. Eine weitere Steigerung war laut Guglielmi nicht mehr möglich. Es herrschte eine große Nachfrage nach Heimplätzen. Für das Jahr 1961 lagen schon 60 bis 80 Voranmeldungen von Bürgern beim Rat des Kreises vor. 2/3 der Antragsteller davon wollten künftig ihren Lebensabend in dem Heim in Grüna verbringen. Von den nunmehr 128 Heimbewohnern im Jahr 1969 waren 52 im Feierabendheim und 76 im Pflegeheim untergebracht, davon 38 fest bettlägerig.


Bewohner des Heimes

Zunehmende Schwierigkeiten bereitete die Verwaltung des Heimes in den 60er Jahren. So stand die geplante Zahl von 26 vollbeschäftigten Angestellten für Verwaltung des Heimes sowie Betreuung und Versorgung der Heimbürger wegen zunehmenden Mangels an Arbeitskräften nie vollständig zur Verfügung. Schwierigkeiten entstanden durch zusätzliche Aufgaben für den Leiter, die Küche und Wäscherei, wie es die gesetzlichen Rahmen forderten.

Um das Leben der Heimbürger erträglicher und besser zu gestalten, wurden in den 60er Jahren weitere Instandhaltungs- und Bauarbeiten an dem alten, vor der Jahrhundertwende errichteten Gebäude durchgeführt. Mangels geeigneter und ausreichender Baustoffe konnten immer nur die notwendigsten Arbeiten durchgeführt werden. Größere Maurer- und Putzarbeiten, verbunden mit baulichen Veränderungen und Instandsetzungsarbeiten, führte z.B. die Grünaer Baufirma Esche im 1. Obergeschoß und Kellergeschoß bis Anfang 1960 aus. Es folgten umfangreiche Putzarbeiten der Innenräume und Malerarbeiten inklusive Fenster und Türen, z.T. mit künstlerischer Ausgestaltung durch den in Grüna bekannten Maler Franke-„Mix“. 1961 wurde die Dachfläche für den Kultur- und Gemeinschaftsraum erneuert. Im Treppenhaus überzog man die alten Porphyrstufen mit Terrazzo. 1962 wurden 18 Stck. Blendrahmenfenster bestellt und im Hauptgebäude eingebaut. 1965 folgten erneut Außenputzarbeiten und Reparaturen am Gebäude. 1967 erfolgte die Aufstellung eines Fäkalienbeckens in der Männerstation, und 1969 wurden erneut Fliesenarbeiten durchgeführt.


Eingang zum Verwaltungstrakt mit Gemälde von Franke

Größere Beträge für Bauleistungen wurden durch den Rat des Kreises finanziert und überprüft, während der Rat der Gemeinde Grüna in der Regel nur kleinere Beträge bis zu 1000 DM finanzierte. Die meisten Anschaffungen von Maschinen und Geräten für Küche und Wäscherei, auch in kleineren Beträgen mussten jedoch erst vom Rat der Gemeinde Grüna genehmigt werden.

Anmerkung: In den 60er Jahren änderte sich die Bezeichnung der Währung der DDR mehrfach: Bis zum 31.7.1964 DM (Deutsche Mark), bis zum 31.12.1967 MDN (Mark der Deutschen Notenbank), danach nur noch M (Mark).

Vor allem in den ersten 1960er Jahren wurde von den noch rüstigen Heimbürgern eine umfassende freiwillige Aufbauarbeit geleistet. Das Nationale Aufbauwerk Deutschlands (NAW) war von der Partei und Regierung der DDR in den 50er Jahren ins Leben gerufen worden. Danach sollte von DDR-Bürgern für den Aufbau in den Gemeinden und Städten des Landes eine kostenlose freiwillige, meist einfache handwerkliche bzw. bauliche Tätigkeit geleistet werden. So wurden z.B. 1960/61 auf 900 qm Wegen und Hofflächen von 5 Helfern das Packlager und Sand aufgezogen, ein Graben für die Blitzschutzanlage ausgehoben, im Hausflur neue Platten gelegt und die Küche gefliest. 1962 und 1966 erneuerte man im NAW zusammen fast 100 m Zaun. Die Aufbaustunden für die NAW-Tätigkeit wurden jährlich der Gemeindeverwaltung gemeldet, im Wettbewerb der Gemeinden untereinander ausgewertet und öffentlich bekannt gegeben.

Zur Innenausstattung des Heimes

Bereits 1959 hatte man begonnen, die Schlafsäle des Heimes zu modernisieren und mit neuem Gummifußbodenbelag auszustatten. Ab 1962 wurde auch das Inventar im Heim erneuert. Eine größere Zahl an Nachtschränken ließ man bei dem Grünaer Tischlermeister Max Nestler anfertigen. Gekauft und z.T. auch aus Spenden bezahlt wurden 220 Stühle. Im Jahr 1969 wurden nochmals Fußbodenbelag und mehrere Kleider- und Wäscheschränke für die Innenausstattung des Heimes geliefert.

Andere, ebenfalls wichtige Gegenstände, wie Sonnenschutzrollos, Gartenstühle und Tische sowie eine Wäscheschleuder, die man vorher bestellt hatte, wurden zunächst zurückgestellt, da andere Arbeiten, wie die Instandsetzung der Ost- und Südseite des Gebäudes, wichtiger erschienen.

Die Versorgung der Heimbürger

Die Küche des Heimes wurde in den 60er Jahren weiter verbessert und modernisiert. 1961/62 belegte man Fußboden mit Steinzeugfliesen, z.T. auch in NAW-Arbeit. Die Küchenwände wurden mit Kacheln bis zur Decke hoch gefliest. Der alte Elektroherd und weitere Geräte wurden durch einen damals moderneren Gasherd sowie Kohleherd ersetzt. Als weitere Verbesserung verlegte man in der Küche die Heißwasserleitung direkt bis zum Spülbecken. Für die dort beschäftigten Arbeitskräfte konnten so wesentliche Arbeitserleichterungen geschaffen werden.

Die Versorgung aller 150 Heimbewohner mit Essen bereitete große Schwierigkeiten. Das Küchenpersonal war mit 2 Personen nur etwa zur Hälfte besetzt, bei einem Durchschnittsalter von 59 Jahren. Deshalb konnte die Küche vom Großlieferanten nur bereits geschälte Kartoffeln entgegen nehmen.


Küche des Hauses

Zu schaffen machte der Heimleitung und dem Küchenpersonal auch die bürokratischen Vorschriften. So sollte ab 1961 über die verbrauchten Essensportionen genau Buch geführt werden. Das städtische Sozialamt verlangte monatlich einen Bericht darüber. Ab 1967 musste nach einer Richtlinie des Ministeriums für Gesundheitswesen ein „Küchentagebuch“ angelegt, in welchem (wie vorher) der tägliche Bedarf und Verbrauch an Lebensmittel anhand der Essensteilnehmer eingetragen werden sollte. Für jede Warenart musste ein Bestandsnachweis geführt werden, insbesondere auch für die Warenbewegung bei den Lebensmitteln.

Zur Versorgung der Heimbürger mit zusätzlichen Lebensmitteln und anderen Produkten wurde in den 60er Jahren in vermehrtem Maße Viehhaltung betrieben. So hielt man neben Hühnern und Enten zeitweise bis zu 4 Schweine und 3 Schafe im Jahr. Die Erfassung der Viehhaltung erfolgte bis Anfang der 70er Jahre. Auch der Teich vor dem Heim war im Jahr 1962 mit Karpfen besetzt worden. Ebenso wurden im Feierabend- und Pflegeheim größere Mengen an Obst und Gemüse, etwa 2/3 des Eigenbedarfes angebaut. 1968 spendete die Gartensparte „Waldesluft“ dem Heim größere Mengen an Erdbeeren und Birnen. Von der Kirchgemeinde erhielten die Heiminsassen 11 kg Gebäck.

In der Wäscherei des Heimes erfolgte Anfang der 60er Jahre der Einbau eines Trockenraumes. Dadurch wurde die Arbeit für das dort arbeitende Personal wesentlich erleichtert. 1962 wurde eine weitere Trommel-Waschmaschine angeschafft. Damit waren in der Wäscherei insgesamt 2 Trommelwaschmaschinen, Baujahr 1956 und 1962 mit Füllgewichten 30 bzw. 18 kg, eine Zentrifuge ZPA 700, Baujahr 1958 mit einem Füllgewicht von 45 kg, und eine Kaltmangel von Baujahr 1930 vorhanden. 1969 wurden für die Wäscherei weitere Rationalisierungsmittel angeschafft.


Blick in das Waschhaus

Monatlich mussten bis zu 1850 kg Wäsche gewaschen werden. Für die Tätigkeit waren 2 bis 3 Mitarbeiter in den 60er Jahren vorgesehen, zur Verfügung standen nur 2 Arbeitskräfte im Rentenalter.

Auch die Arbeitskräfte für die Reinigung im Gebäude waren sämtlich überaltert. Von 3 Arbeitskräften waren 2 Personen über 70/Jahre.

Zur Wasserversorgung wurde vorher das Wasser für Küche und Wäscherei aus dem hauseigenen Brunnen (auch als Anstaltsquelle bezeichnet) entnommen. Da in den 50er/60er Jahren das Wasser stark abnahm, wurde 1963 das Heim an das öffentliche Wasserrohrnetz von Grüna angeschlossen, wodurch z.B. im Jahr 1964 bei großer Wasserknappheit die Wasserversorgung gesichert werden konnte, wobei aber der überwiegende Teil weiterhin dem Brunnen im Gelände entnommen wurde.

Die Hydrophoranlage (die Hauswasseranlage für die Versorgung des Heimes mit Frischwasser) sowie die Rohre und Boiler waren total veraltet und verschlissen. Von der Hydrophoranlage hing die Trinkwasserversorgung von 150 Personen im Heim ab. Trotzdem brauchte es vom Auftrag 1963 bis zur Reparatur 1967 der gesamten Anlage ganze 4 Jahre.

Die Heizanlage war in den Jahren 1959/60 bis auf die Zuleitungen und Heizkörper in den Räumen auf den neuesten Stand gebracht worden. Man hatte 2 neue Niederdruck-Heizkessel eingebaut. Vorher musste ein neues Kesselfundament errichtet und neuer Rauchabzug eingebaut werden.


Heizanlage mit 2 Niederdruckkesseln

1964 kam es im Dezember zu einem Kälteeinbruch. Die Heimbewohner beschwerten sich bei der Heimleitung. Der Missstand konnte schnell behoben werden. Bis 1967 wurden auch die längst veralteten Heizungsrohre und Heizkörper erneuert, nachdem der Rat des Kreises die hohen finanziellen Mittel genehmigt hatte. Für die Bedienung (Handfeuerung) der Heizkessel stand nur ein Heizer im Rentenalter von 68 Jahren und ein Heimbewohner als Aushilfskraft im Alter von 72 Jahren zur Verfügung. Oft musste der Hausmeister aushelfen. Die Hausmeisterstelle war aber zeitweise nicht besetzt.

Während der 60er Jahre stand für die Tätigkeit im Heim ein gebrauchter PKW F8 (Baujahr 1953) zur Verfügung. Er war bereits vorher in einen Unfall verwickelt worden, danach mit einer Kombi-Karosse versehen worden. Sie war aber nicht für den Transport von Wäsche geeignet.1969 wurde der bisherige Kombi F8 durch Anschaffung eines gebrauchten PKW Kombi Trabant abgelöst.

Ergänzung: Die Anschaffung eines neuen Autos war in den 60er Jahren der DDR nicht nur für Privatpersonen, sondern auch für viele wirtschaftliche und soziale Einrichtungen sehr schwierig. Privat musste man über 10 Jahre von der Anmeldung eines Pkw (Wartburg oder Trabant) oder LkW auf ein Fahrzeug warten. 1963 besaß nur jede 14. Familie in Grüna einen Pkw. Im Ort gab es im Jahr 1964 nur etwa 200 Fahrzeuge.

Im Jahr 1967 wurde das Ernst-Friedemann-Heim in Feierabend- und Pflegeheim Grüna umbenannt. Als Anlass wählte man das 75jährige Jubiläum des einst 1892 erbauten Naturheilanstaltsgebäudes mit der Begründung, dass der Name des Limbacher Fabrikanten Ernst Friedemann für ein „Sozialistisches Heim“ nicht mehr zeitgemäß erscheint. Weiter wurde dazu ausgeführt, dass seit Jahren „unser Arbeiter- und Bauernstaat jährlich über 150.000 Mark, also ein Vielfaches der einstigen Erstehungssumme aufwendet, so dass die Berechtigung des Namens Ernst-Friedemann-Heim völlig abwegig ist“. (Der Limbacher Fabrikant Ernst Friedemann hatte bei der Versteigerung der Naturheilanstalt bzw. des Sanatoriums „Bad Grüna“1913 eine Kaufsumme von etwa 120.000 Mark entrichtet). Im Heim wurden das Bild von Ernst Friedemann sowie alle Gegenstände, die auf den Namen hinwiesen, entfernt. Bei den Heimbewohnern und Einwohnern im Ort jedoch blieb der Name des Heimes bis zur politischen Wende 1990 noch in Erinnerung. Die Umbenennung war mit keiner wesentlichen Änderung der Bau- und anderer Tätigkeit verbunden. Im gleichen Jahr verstarb im Heim auch die einstige Limbacher Stadträtin Valeska Meinig im hohen Alter. Sie hatte sich für die Entwicklung des Heimes ab den 20er Jahren große Verdienste erworben. Sie war auch im Heimausschuss tätig.

Das Leben und die kulturellen Veranstaltungen im Heim

In der gesetzlichen Verordnung über die Fürsorge vom 23.2.1956 wurde für die Heimbewohner eine gute kulturelle Betreuung gefordert. Es sollte jeden Monat ein Veranstaltungsplan für die Heimbewohner ausgearbeitet werden, aus dem alle Veranstaltungen für die Heiminsassen ersichtlich sind. Trotz der Personalprobleme und Schwierigkeiten im Heim wurden in den 60er Jahren von der Heimleitung viele Veranstaltungen für die Heimbewohner organisiert und durchgeführt, wovon einige hier aufgeführt werden.

So fand zur kulturellen Unterhaltung der Heimbewohner anlässlich des 700jährigen Ortsjubiläums am 24. 8 1963 in Grüna ein Gartenfest statt. Am 18.4.1969 wurde vom „Ensemble der heiteren Muse“ in Limbach eine weitere Veranstaltung durchgeführt. Am 28.6.1969 fand ein weiteres Gartenfest, ausgestaltet von der Thiele-Combo aus Grüna.


Bei einem Gartenfest

Monatlich wurde für die Heimbewohner im Grünaer Kino eine Filmveranstaltung durchgeführt. Filme wurden bedeutend für die „sozialistische Bewusstseinsbildung der Menschen“ herausgestellt, so dass man oft auch Filme mit aktuellem gesellschaftspolitischem Inhalt zeigte, was aber nicht immer bei den Heimbewohnern gut ankam. Die Filme sollten in Heimbewohnerversammlungen diskutiert und ausgewertet werden.

In dem Heim waren weiterhin eine Bibliothek eingerichtet und eine Wandzeitung ausgestaltet. In Heimbewohnerversammlungen sollten die Tages- und Wochenzeitungen ausgewertet werden, dabei auch die wichtigsten gesetzlichen Verordnungen und politischen Ereignisse mit zur Sprache kommen.

Im Jahre 1966 erhielt das Heim einen neuen Fernsehapparat mit größerem Bild, damals im Werte von etwa 2000 M.


Klubraum des Hauses

Im Juli 1968 wurden mit Beschluss des Gemeinderates Grüna die täglichen Verpflegungssätze im Feierabendheim von täglich 1,80 M auf 2,30 M und im Pflegeheim von täglich 2,15 M auf 2,30 M erhöht. Die Unterbringungskosten stiegen dadurch im Feierabendheim von monatlich 69 M auf 84 M und im Pflegeheim von monatlich 84 M auf 99 M.

Für die ärztliche Betreuung in den Heimen war die Abteilung Gesundheitswesen beim Rat des Kreises verantwortlich. Betreut wurden die Heimbürger im Feierabend- und Pflegeheim in Grüna bis Dezember1966 durch Sanitätsrat Hiersemann und ab 1967 durch Frau Dr. med. Gruner und Herrn Dr. med. Gertner.

In den vergangenen 60er Jahren hatte sich die Personalsituation im Heim weiter verschlechtert. Besonderer Engpass im Personal bestand bei Pflegeschwestern und im Küchenpersonal. Der Heimleiter berichtete schon im Februar 1961 dem Grünaer Gemeinderat, dass es außerordentlich schwer ist, Pflegepersonal zu bekommen. Dies galt besonders für den regelmäßigen Sonn- und Feiertagsdienst, der aufgrund der Heimstruktur ständig geleistet werden musste, für den aber kaum Arbeitskräfte gefunden werden konnten. Die Einstellung von neuen Arbeitskräften scheiterte vor allem an der Bereitstellung von geeignetem Wohnraum im Gebäude des Alters- und Pflegeheim oder im Ort Grüna. In der Gemeinde wie in den meisten anderen Orten der DDR herrschte nach dem Kriege Wohnungsnot. Für den Neubau von Wohnungen stand kaum Geld zur Verfügung. Auch eine vom Rat des Bezirkes im Februar 1967 gewährte Lohnerhöhung für das gesamte Schwesternpersonal brachte kein positives Ergebnis.

Anmerkung: Die aufgrund eines 1966 stattgefundenen Schwesternkongress ausgelöste Lohnerhöhung – es betraf einen monatlich erhöhten Sonntags- bzw. Nachtzuschlag von 80 bzw. 40 MDN - wurde jedoch von der Heimleitung gegenüber dem technischen Personal als kaum vertretbar bezeichnet. Auch die Arbeitskräfte in den Versorgungseinrichtungen (Küche, Heizung, Wäscherei) mussten aufgrund der in den 60er Jahren herrschenden angespannten Arbeitskräftesituation ebenfalls regelmäßig Sonntagdienst durchführen und dabei große Leistungen vollbringen.

Im Jahre 1967 kündigte die leitende Oberschwester aus gesundheitlichen Gründen und der Erreichung ihres Rentenalters. Danach lag beim Schwesternpersonal die Besetzung nur noch bei 43% im Vergleich zu den erforderlichen Planstellen. Auch das Küchenpersonal war nur zur Hälfte besetzt. Die Küche konnte nur von Tag zu Tag aufrechterhalten werden.

Bei den technischen Kräften (Heizung, Hausmeister, Wäscherei und Reinigung) war eine Aufrechterhaltung des Betriebes ebenfalls nur noch bei äußerster Anstrengung möglich. Die Besetzung bestand nur noch aus Rentnern und Aushilfskräften. So war die Gesamtbesetzung im Heim bei einem Durchschnittsalter von 64 Jahren nur zu 58% abgesichert. Es fehlten bei einem geplanten Personalbestand von 26 Vollbeschäftigteneinheiten (VbE) über 10 Vollbeschäftigte zu den vorhandenen 15,5 VbE.

Der damalige Heimleiter Guglielmi berichtete dem Gemeinderat, dass mit dem vorhandenen Personal bei größter Anstrengung der Heimbetrieb nicht mehr aufrechterhalten werden kann. Er erklärte, dass er am 1.März 1970 seine Kündigung als Heimleiter einreichen wird, wenn er bis dahin kein ausreichendes Personal bekommt. Er wollte jedoch ab 1. April weiterhin als Pfleger seine Arbeitskraft dem Heim zur Verfügung stellen.

Zur Lösung der schwierigen Personalsituation wurden mehrere Festlegungen getroffen, u.a. die vorrangige Bereitstellung von Wohnungen für das benötigte Pflegeheimpersonal über den Gemeinderat sowie die Schaffung von Wohnungen durch Neubau über den Rat des Kreises, was aber kaum sofort realisierbar war.

Von Seiten des Gemeinderates, der über die Zuweisung von Wohnungen im Ort verfügte, erhielten im Jahr 1965/66 2 Schwestern Wohnraum wie auch Kindergartenplätze. Dies reichte jedoch bei weiten nicht aus.

Wie sich die Personalsituation weiter veränderte und welche Entwicklung das Alters- und Pflegeheim in den folgenden 1970er Jahren nahm, wird im nächsten und letzten Beitrag der Reihe zum Heim berichtet.

Der Beitrag wurde auf Grundlage folgender Quellen erarbeitet:

  • Stadtarchiv Chemnitz, Ablieferungsverzeichnisse Grüna Nr. 368, 369 und 377

  • Verordnung über die Fürsorge in den staatlichen Feuerabend- und Pflegeheimen v. 23.Febr.1956 einschl. Durchführungsbestimmungen u. Anordnung über die Rahmenheimordnung v. 24.Febr.1956

  • Richtlinie f. d. Verwaltungsarbeit in den staatlichen Feierabend- und Pflegheimen v. 5.Dez.1966. Hrsg.: Min. f. Gesundheitswesen

  • Sozialfürsorge in der DDR: Staatsverlag d. DDR, Berlin 1967

  • Horst Strohbach: Nachlass, Stadtarchiv Chemnitz, Signum 92

Dieser Artikel stammt aus dem Ortschaftsanzeiger Grüna / Mittelbach Dezember 2019

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